Die Teilnehmenden der Exkursion. Für die SPD Fraktion dabei: Andreas Ebert, Christine Mehls, Klaus Orth,
Klaus Waldschmidt und Monika Lindberg-Bargsten

Der Ausschuss für die Konversion des Zanders-Areal hatte in seiner Sitzung am 07.03.2023 beschlossen, auf Exkursion zu gehen und für die weitere Arbeit erfolgreiche Konversions- / Transformationsprojekte in situ zu betrachten. So startete am Morgen des 21.04.2023 ein kleiner Trupp von Stadträtinnen und Stadträten und die Projekttruppe Zanders-Areal, um in zwei Tagen fünf erfolgreiche Projekte in Deutschland und der Schweiz zu besuchen. Hier teilen wir ein paar unserer Eindrücke:

 

Erste Station: Mannheim, Franklin Mitte

Konversion von rd. 144 Hektar ehemaliger US-Militärfläche. Noch work in progress. 2011 war der Startschuss gefallen, 2017 waren die ersten Bewohner:innen eingezogen und 2022 die ersten Straßen im Endausbau fertiggestellt. Vieles ist noch in der Planung, wie z.B. die markanten Hochbauten, die den Schriftzug „HOME“ ergeben sollen. Vieles ist aber schon gut sichtbar. Wenn fertiggestellt, sollen 10.000 Menschen hier ihr Zuhause haben.

Teilaussschnitt des Modells; der markante Schriftzug „HOME“ der Hochbauten ist gut zu erkennen. Teilaussschnitt des Modells; der markante Schriftzug „HOME“ der Hochbauten ist gut zu erkennen.

Der Sportplatz ist schon fertiggestellt; die „O“ und „E“ Hochbauten nehmen Form an.

 

Links die schon umgebauten Baracken; rechts die ehemalige Militärkapelle, die erhalten bleibt. Unter Denkmalschutz steht keins der Gebäude.

 

Ehemals Kaserne nun Eigenheim.


Müll wird demnächst unterirdisch gesammelt.

 

Blick in eine der Querstraßen; Einfamilienhaus, Doppelhaus, Reihenhaus und Wohnungen als Eigentum oder Miete – alle sind auf dem Gelände zu finden. Dabei ist 30% geförderter Wohnraum Pflicht in Mannheim – bei allen Neubauprojekte mit mind. 10 Wohnungen.

 

Weiter ging es nach Freiburg im Breisgau – das Vauban Quartier

Nachmittags stand dann das Vauban-Quartier in Freiburg im Breisgau auf dem Programm. Auch dieses Gelände wurde zuvor militärisch genutzt. Das 38 Hektar große Kasernengelände der französischen Streitkräfte wurde seit 1994 der zivilen Nutzung zugeführt. 1998 fanden die ersten privaten Baumaßnahmen statt und 2017 wurde schließlich die letzte Baulücke geschlossen.

Die Natur dominiert in den Seitenstraßen. Trotz baulicher Enge wirkt dadurch alles großzügig.

 

Immer wieder Plätze, die zum Verweilen einladen oder Spielplätze oder kleine Cafés und Geschäfte. Das Quartier lebt!

 

Die Hauptachse, die Vauban-Allee, mit Straßenbahnanschluss.

 

Kein Haus gleicht dem anderen.

 

Und an jeder Ecke Natur. Im Hitzesommer lässt es sich hier bestimmt aushalten.

 

Nächster Halt: Winterthur, Schweiz, Sulzer-Areal

Auf dem Gelände der ehemaligen Gießerei Sulzer (insgesamt 22 Hektar) ist in den letzten dreißig Jahren ein neues Gebiet entstanden. Wohnen steht in dem Areal, das wir überwiegend besichtigt haben nicht im Fokus, sondern hier wechseln sich kleine Gewerbebetriebe und Ateliers ab. Ein Kino gibt es auch sowie einen Indoor-Skater-Park für Kinder rund Jugendliche, ein Fitnessstudio und die ZHAW Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Einige Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Ein paar Gebäude stehen noch leer. Getrennt durch eine „Veloroute“, die Teilstück eines Fernradwanderwegs ist, schließt sich Wohnbebauung an – mit rd. 270 Wohnungen (oder 28.000 Quadratmetern). Unterschiedliche Investoren waren für die Entwicklung der verschiedenen Teilstücke zuständig.

Museum, Skaterpark, Kino und Brauhaus liegen nur ein paar Schritte auseinander. Der Poller im linken Bilddrittel, ist absenkbar und gewährt dem Lieferverkehr nur nach vorheriger Anmeldung außerhalb eines werktäglichen Anlieferfensters Einlass.

 

Das komplette Gelände ist versiegelt. Aber Hochbeetvariationen im Industrielook sorgen für Urban Gardening Flair und beleben die Flächen.

 

Wohnbebauung jenseits der Veloroute.


Werkstadt Zürich

Unser vorletzter Stopp. Auf dem Gelände der ehemaligen SBB (Schweizer Bundes Bahn) Hauptwerkstädten entwickeln die SBB AG Immobilien Development und städtische Akteure gemeinsam das neue Gewerbegebiet (4,3 Hektar). Auch hier gab es schon während der Bauphase, die noch nicht abgeschlossen ist, Pioniernutzungsmöglichkeiten. Bei dieser stiegen die Mieten über die Zeit und wer sich die Fertigstellungsmiete nicht leisten kann, muss ausziehen. So war es von Anfang an klar kommuniziert und bis auf einen Einzelfall konnten sich auch alle Mieter:innen halten. Eine Sattlerei, eine Kaffeerösterei oder eine Seifenmanufaktur zählen z.B. zu den Mieter:innen. Bis Ende des Jahres sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein.

Außerhalb des Gewerbegebiets schließt sich 23-geschossige Wohnbebauung an.

 

Work in progress.

 

Da sich kein Mieter/Mieterin für die gesamte große Werkshalle finden ließ, wird diese in Teilabschnitte unterteilt. Zugeständnis an den Denkmalschutz: Fensteröffnungen durchziehen alle Unterabschnitte. Mietvertraglich wird abbedungen, dass diese Indoor-Fenster nicht zugestellt oder abgeklebt werden dürfen, damit die Durchschau erhalten bleibt und sich die ursprüngliche Dimension der Halle erahnen lässt.

 

Am Übergang zur Wohnbebauung: Die Brache Y. Der Waggon dient als Aufenthaltsraum. Davor eine Tischtennisplatte und Sitzplätze. Hier will man erst einmal schauen, was das Bedürfnis der Anwohnenden ist, bevor man – wenn überhaupt – diese Ecke weiter entwickelt.


Last but not least: Gundeldinger Feld, Basel

Wir treffen eine alte Bekannte: Auch dieses Areal gehörte einst zum Sulzer-Konzern. Vor 20 Jahren startete die Entwicklung zu einem soziokulturellen Quartiermittelpunkt von 1,2 Hektar Größe. Heute haben über 70 Mieter:innen in den sieben Hallen und Bauten ihren Sitz; 200 Menschen arbeiten in den Büros und Werkstätten. Hinzu kommen die Besucher:innen der Freizeitaktivitäten und die Gäste der Restaurants.

Aus der Vogelperspektive

 

Die hängenden Gärten von Basel.

 

Innenhof


Fazit:

Gefragt nach den Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches Konversionsprojekt, bekommen wir von unseren Ansprechpartner:innen vor Ort immer wieder zu hören:
• Beginne klein und beginne dort wo Du bist.
• Lass Pionierbesiedlung zu. Öffne Teile des Geländes und schau, was sich entwickelt.
• Nicht zu viel und vor allem nicht vorschnell abreißen.
• Freiheiten (im Rahmen des geltenden Rechts) gewähren und nicht alles bis in extenso durchplanen.
• Was am Schreibtisch funktioniert, ist kein Garant für ein belebtes Quartier.
• Gierige Investoren meiden. Das führt zum Einheitslook und nicht zu einem lebhaften Viertel.

Alle genannten Projekte sind selbsttragend und erwirtschaften auch Gewinn für ihre Trägerorganisationen, aber Gewinnmaximierung war nicht die alleinige Triebfeder.

Und vielleicht der wichtigste Spruch (so gesehen auf dem Sulzer-Areal in Winterthur):