Die Klimafreunde Rhein-Berg hatten am 26. September eine  E-Mail an die Ampel-Fraktionen mit Fragen bezüglich unserer Kritik an dem Zeitpunkt der Bürgerbeteiligung „auf Zanders“ geschickt.

Andreas Ebert
Andreas Ebert

Unser stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender Andreas Ebert hat am 4. Oktober 2020 ausführlich diese Fragen beanwortet.

Das ist seine Antwort im Namen unserer Fraktion:

 

Sehr geehrter Herr Woydowski,

herzlichen Dank für Ihre E-Mail zur Bürgerbeteiligung Zanders. Unsere Kritik an der Bürgerbeteiligung hat viel Irritation ausgelöst. Deshalb bin ich dankbar, dazu noch einmal Stellung nehmen zu können. Bevor ich auf Ihre konkreten Fragen antworte, möchte ich unsere Kritik mit eigenen Worten schildern. Sie richtet sich nämlich nicht gegen die Bürgerbeteiligung an sich, sondern wir kritisieren den Zeitpunkt.

Die Bürgerbeteiligung musste lange aussetzen, weil wegen der Corona-Pandemie keine Präsenzveranstaltungen möglich waren. Dies hat den Zeitplan des Projektes „Umgestaltung Zanders-Areal“ bereits erheblich verzögert. Die Projektleitung hat jetzt – sobald Veranstaltungen mit Auflagen wieder möglich waren – die Bürgerbeteiligung gestartet.

Der Abschluss des Mietvertrages für das Kernareal zwischen der Stadt Bergisch Gladbach und der Zanders Paper GmbH wird seit über einem Jahr verhandelt und war ursprünglich für Dezember 2019 vorgesehen. Aus verschiedenen Gründen hat er sich seitdem verzögert. In der Ratssitzung am 01.09.2020 ist der Zeitplan zum Abschluss zugespitzt worden und der Rat hat – einstimmig – erheblichen Druck auf die Beteiligten ausgeübt, die Voraussetzungen für einen Vertragsabschluss bis Ende Oktober zu schaffen.

Damit kommen zwei Dinge, die eigentlich nicht viel miteinander zu tun haben, zum selben Zeitpunkt und darin liegt das Problem:

1.

Es stellt sich die Frage, was im Beteiligungsprozess überhaupt diskutiert wird: Eine Vollkonversion mit dem gesamten Areal oder eine Teilkonversion mit den Flächen der Entwicklungszone 1. Das ist für die Bürgerbeteiligung von Bedeutung. Stand heute ist die Bürgerbeteiligung so aufgestellt, dass über beides geredet wird und die Ideen für den Fall der Vollkonversion immer unter dem Vorbehalt stehen, dass die Zanders Paper GmbH heute noch produziert.

2.

Die Belegschaft der Fa. Zanders steht dadurch unter großem emotionalem Druck. Denn für die Belegschaft geht es um den Arbeitsplatz. Bedenkt man das hohe Durchschnittsalter der Belegschaft (etwas über 50 Jahre), dann wird klar, dass der Verlust des Arbeitsplatzes gleichzeitig oftmals das Ende der Berufstätigkeit bedeutet, weil nicht zu erwarten ist, dass es eine nachfolgende Beschäftigung (z.B. für einen Papiermacher o.ä.) geben wird.

Durch eine Verschiebung des Starts der Bürgerbeteiligung von Ende September bis Anfang November wäre dieses Problem zu lösen gewesen. Deshalb gab es von Grünen, FDP und SPD die Anfrage bei Herrn Urbach, ob die Bürgerbeteiligung um ca. sechs Wochen verschoben werden kann. Das hat Herr Urbach abgelehnt.

Nun aber zu Ihren Fragen:

Frage 1: Dass die Zanders-Belegschaft Bürger auf dem ungenutzten Teil des Areals sieht, scheint uns unproblematisch.
Antwort:
Aus Ihrer Perspektive ist diese Position nachvollziehbar. Wie sieht es aus der Perspektive der Belegschaft aus?

Im Verlauf der letzten 15 Jahre hat es drei Eigentümer, diverse Reorganisationen / Sanierungen / Neuausrichtungen und zwei Insolvenzen gegeben. In allen diesen Situationen waren die Mitarbeiter*innen Subjekt der Geschehnisse und ihre Hoffnungen sind (fast) immer enttäuscht worden. Aus vielen Gesprächen mit den Mitarbeiter*innen weiß ich, dass die Anspannung jetzt auf einem Höhepunkt ist.

Die Bürgerbeteiligung wird von den Mitarbeiter*innen als Bedrohung empfunden, weil sie das Gefühl haben, „ihr“ Werksgelände würde bereits verplant und zugunsten anderer verteilt. Natürlich ist das die Befindlichkeit der Belegschaft und damit eine subjektive Sache. Das ändert aber nichts daran, dass das genauso erst genommen werden muss, wie die Befindlichkeiten anderer. Und wie gesagt: Es ging um eine Verschiebung der Bürgerbeteiligung um ca. sechs Wochen.

Frage 2: Dass engagierte Bürger „ohne Denkverbote“ ihre Ideen und Wünsche zum Zanders-Areal einbringen können, spielt für den juristischen und wirtschaftlichen Konflikt von Stadt und Zanders Paper keine Rolle.
Antwort:
Doch, denn es ist für die Ideenfindung wesentlich ob über eine Voll- oder Teilkonversion gesprochen wird. Da die Entscheidung darüber aber unmittelbar bevorsteht, wäre es aus unserer Sicht klug gewesen, sie vor dem Start der Bürgerbeteiligung abzuwarten.

Aussage der Klimafreunde: Leider diskreditiert die nebulöse Kritik der zukünftigen Ratsmehrheit die gesamte Bürgerbeteiligung und wird Bürger davon abhalten, sich im Zanders-Projekt zu engagieren.
Antwort:
Da haben Sie wohl recht: Das ist kommunikativ schief gegangen und hätte viel klarer kommuniziert werden müssen.

Frage 3: Soll die gerade begonnene Bürgerbeteiligung sofort gestoppt werden?
Antwort:
Nein, es ging um eine Verschiebung um ca. sechs Wochen.

Frage 4: Welche Kosten entstünden der Stadt dadurch?
Antwort:
Die Kosten der Bürgerbeteiligung sind bei Durchführung jetzt oder sechs Wochen später im Wesentlichen dieselben. Allerdings ist es möglich, dass der Stichtag für die Beantragung weiterer Fördermittel im Jahr 2021 verpasst wird und ein Folgeantrag für die Städtebauförderung erst 2022 wieder gestellt werden kann. Dadurch würde sich die absolute Höhe der Fördermittel nicht ändern, jedoch die Auszahlung um ein Jahr verschoben wird. Es ist allerdings fraglich, ob der Stichtag 2021 überhaupt noch gehalten werden kann, denn die Verzögerung ist hauptsächlich durch die Pandemie verursacht worden.

Frage 5: Wann wäre nach Ihrer Meinung ein „richtiger“ Zeitpunkt für die Bürgerbeteiligung? Können Sie diesen „richtigen“ Zeitpunkt lange vorher prognostizieren, um eine Firma mit der Durchführung zu beauftragen?
Antwort:
Es wäre besser gewesen, die Zeit bis zum Abschluss des Mietvertrages zwischen Stadt und Zanders Paper GmbH bzw. bis zum Scheitern der Verhandlungen abzuwarten. Das sind ca. sechs Wochen.

Frage 6: Welche dringenden Änderungswünsche haben Sie für eine Bürgerbeteiligung zu einem späteren Zeitpunkt?
Antwort:
Keine

Ich hoffe, dass ich ein bisschen Klarheit schaffen konnte und verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Bergisch Gladbach, den 04.10.2020

Andreas Ebert

Foto: Blackbird Visuals